Ein historischer Moment: Elspe wird Stützpunkt der CP-Fußballer NRW

Fußballer mit Bewegungsstörungen nach einer Schädigung des zentralen Nervensystems sind derzeit nur in zwei Landesverbänden organisiert: in Hessen und in Bayern. Mit Nordrhein-Westfalen kommt nun, unter Federführung des Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes NRW (BRSNW), ein dritter hinzu. „Wir wollen in Zusammenarbeit mit dem SSV Elspe langfristig eine Landesauswahl für CP-Fußball auf die Beine stellen“, sagte Anne Kaiser, beim BRS Referentin für Breitensport und Inklusion. CP-Fußball soll als neue Fachschaft dem BRS angegliedert werden mit dem Ziel, bald über ein eigenes Budget verfügen zu können.
Denn die mangelnden Finanzen sind ein Knackpunkt in der Aufbauarbeit. Conny Fritsch, Trainer der Nationalmannschaft der CP-Fußballer, hatte nur eine Woche zuvor bei einem Trainingslager seines Teams in Elspe die finanzielle Situation und mangelnde Unterstützung seines Sports seitens des DFB und anderer Sportverbände beklagt: „Andere Nationen haben Budgets von mehreren Hunderttausend Euro.“
Einer der wenigen Sponsoren ist die Hannelore-Kohl-Stiftung ZNS (Zentrales Nervensystem), deren Geschäftsführerin Helga Lüngen ins Sauerland angereist war. Die ZNS unterstützt die CP-Fußballer, indem sie regelmäßig Trainingslager finanziert. „Wir sind sogar Anstifter des CP-Fußballs, mit uns begann alles“, sagte Lüngen. Die Stiftung hatte schon vor 14 Jahren Fußballwochenenden für Menschen mit Schädel-Hirn-Trauma in Zusammenarbeit mit der Sepp-Herberger-Stiftung organisiert. „Die Veranstaltungen wurden sehr gut angenommen, 30 Frauen und Männer waren dabei. Daraus ist die Idee geboren, eine Nationalmannschaft zu gründen. Wir haben den Neurologen und Neurochirurgen, die selbst eine Nationalmannschaft haben, gesagt, spielt doch gegen eure ehemaligen Patienten. Das erste Sichtungswochenende fand bei uns in Hennef statt“, sagte Lüngen. Nationaltrainer Conny Fritsch habe diesen Plan schließlich zu einem Erfolgsprojekt entwickelt. „Dass hier in Elspe ein NRW-Landesverband CP-Fußball gegründet wurde, ist Conny zu verdanken, der Michael Meyer vom SSV Elspe von seinem Vorhaben überzeugen konnte.“
Michael Meyers Sohn Robin ist Spielführer der CP-Nationalmannschaft, er selbst ist offizieller Betreuer des Teams. Dazu stößt mit David Meiworm als Physiotherapeut ein weiterer Lennestädter und mit Simon Kümhof vom SV Heggen ein weiterer lokaler Akteur hinzu.
Meyer war nach dem Kickoff, einem Spiel der CP-Fußballer NRW gegen eine Auswahl lokaler Prominenz und einer Talkrunde im Clubhaus des SSV Elspe, erleichtert und begeistert zugleich: „Wir haben eine tolle Resonanz bekommen mit dem Tenor, dass CP-Fußball in NRW und hier beim SSV Elspe ein förderungswürdiges Vorhaben ist. Wir haben bereits 20 Spieler auf dem Zettel.“
Für Aufmerksamkeit und viel Spaß sorgte auch das Spiel von CP-Fußballern aus NRW gegen eine lokale Auswahl, gespickt mit Politikern, alten Könnern und möglicherweise sehr wichtigen potenziellen Unterstützern. 4:2 endete der Vergleich nach Toren von Joachim Nieradzik (2) für die CP-Fußballer und Robin Lünenstraß, Achim Henkel, Michael Thielmann und Jens Selter. Selter, Repräsentant der Krombacher Brauerei, erzielte den Endstand mit einer sehenswerten Bogenlampe über seinen Gegenspieler.
Mit Rolf Kantelhardt (Kreissportbund Olpe), Lothar Schenk, Rainer Krahl (beide Stadtsportverband Lennestadt) und Joachim Schlüter (FLVW-Kreis Olpe) standen wichtige Multiplikatoren an der Seitenlinie. „Wir haben beim Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen einen Koordinator für Behindertenfußball. Er ist sehr interessiert an Aktionen wie diesen“, sagte Schlüter.
Vom Spielfeldrand kam natürlich auch fachkundige Spöttelei. „Die Zahl der vergebenen Torchancen nähert sich deiner Rückennummer an“, schallte es in Richtung Jochen Ritter, CDU-Mitglied des NRW-Landtags, der wie sein Parteikollege Achim Henkel im Sturm der Auswahl ackerte.
Eine vergebene Chance war dieser CP-Aktionstag aus Sicht von Michael Meyer keineswegs, im Gegenteil. „Elspe als Standort der CP-Auswahl des Landes NRW ist in trockenen Tüchern. Wir sind Vorreiter in NRW, denn CP-Fußball gibt es im Land nirgendwo“, sagte er. Auch Anne Kaiser vom BRS sah den Aktionstag als Vorlage, die man nur verwandeln muss: „Wir als Verband können mit unserem Engagement das Thema Behindertensport tiefer in die Sportvereine des Landes tragen. Es gibt sicherlich mehr Menschen mit Cerebralparese, von denen wir als Verband nichts wissen.“

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